So schaffst Du es, endlich mit dem Investieren anzufangen - Unsere sieben Tipps für 2025!
Gastbeitrag von Florian Mann, Co-Founder FINLIUM, veröffentlicht im Tagesspiegel, 03.01.2025
1. Trau Dich!
Viele Menschen haben Angst, direkt am Anfang eine falsche Entscheidung zu treffen: Welches Depot, welche Aktien, ETFs und Fonds? Direkt viel investieren oder nur Sparpläne? Ja, es gibt Unterschiede bei den Angeboten und eine überfordernde Fülle an Auswahlmöglichkeiten. Aber nicht anzufangen ist der viel größere Fehler, als nicht die perfekte Auswahl zu treffen.
Die Depotangebote unterscheiden sich oft nur im Detail, und viele ETFs und Fonds sind gute Produkte. Du kannst daher gar nicht so viel falsch machen, wie Du vielleicht befürchtest. Selbst wenn Du ein Depot mit zu hohen Kosten und Produkte mit zu wenig Rendite auswählen solltest, hast Du historisch betrachtet nach spätestens zehn Jahren mehr Vermögen, als hättest Du nicht investiert.
Diese Erkenntnis ist wichtig, um die Hemmschwelle zu überwinden. Solange Du nicht anfängst, machst Du leider genau das, was Du eigentlich vermeiden willst: Risiko eingehen, beziehungsweise unnötig Geld „verlieren“.
2. Starte mit wenig!
Die meisten Erstanleger sind abgeschreckt von der Vorstellung, dass sie viel Geld und viel Zeit benötigen, um anzufangen. Nein, keine Sorge, beides ist nicht nötig. Für den ersten Schritt an den Aktienmarkt brauchst Du weder viel Zeit, um ein Produkt wie zum Beispiel einen ETF auszuwählen, noch viel Geld, um mit einem monatlichen Sparplan anzufangen. Starte einfach mit kleinen Beträgen wie 100 Euro im Monat, berücksichtige diese in Deiner Finanzplanung und investiere mehr, sobald Dein finanzieller Spielraum größer wird oder Du genug Vertrauen aufgebaut hast.
Ideal für den Anfang sind Sparpläne, statt sofort viel zu investieren und ein ganzes Depot zusammenzustellen. Der große Vorteil eines Sparplans ist der psychologische Trick: Du vermeidest das Risiko eines schlechten Einstiegszeitpunkts, da Du über viele Monate und Jahre hinweg quasi einen Durchschnitt von guten und schlechten Kursen bzw. Marktphasen erhältst („cost average effect“ genannt). Außerdem entsteht Disziplin, da ein Sparplan automatisch ausgeführt wird und Du Dich entspannt zurücklehnen kannst.
3. Du musst nicht die perfekte Aktie finden!
Es geht nicht darum, alles auf eine Karte zu setzen und deswegen unbedingt die richtige Wahl treffen zu müssen. Im Gegenteil, das Diversifizieren ist eine goldene Regel für den Vermögensaufbau und geht zurück auf den Nobelpreisträger Harry Markowitz: „Lege nicht alle Eier in einen Korb.“
Möglichst breit zu streuen, gelingt zunächst damit, dass Du nicht nur eine Aktie kaufst, sondern parallel in ganz viele Unternehmen investierst. Aber anstatt dies manuell selbst zu tun, kannst Du einfach die bereits erwähnten ETFs nutzen, die sehr kostengünstig einen breiten Markt über Branchen und Länder hinweg abbilden. Mit einem ETF auf den oft genannten MSCI World, der die nach Börsenwert größten Unternehmen der Industriestaaten bündelt, investierst Du beispielsweise in rund 1600 Unternehmen aus mehr als 20 Ländern.
Wenn Du einen langfristigen Anlagehorizont hast, brauchst Du für den ersten Schritt an den Aktienmarkt nicht mehr als zwei bis drei breit investierende ETFs. Gut, oder? Wenn Du diesen ersten Schritt geschafft hast, dann sei erstmal stolz auf Dich!
Sobald Du Dich bereit fühlst, solltest Du einen Blick auf Deine Risikobereitschaft werfen: Welche temporären Verluste halte ich aus? Um Dein Depot stabiler zu gestalten und möglichst entspannt Vermögen aufzubauen, macht nämlich eine Streuung über verschiedene liquide Anlageklassen Sinn. Außerdem solltest Du möglichst objektiv auf Deinen Anlagehorizont schauen. Wenn Du nicht nur langfristig (mindestens zehn Jahre), sondern auch kurz- und mittelfristig investierst, sollte Dein Fokus hier neben Tages- und Festgeld auf solchen Anlageklassen liegen, die möglichst wenig schwanken und liquide sind.
4. Du darfst Dich entspannen!
Vermeintliche Trends am Aktienmarkt oder einmalige Angebote sind meist nur Marketing und sollten Dich kaltlassen. Der richtige Mindset beim Vermögensaufbau ist Geduld, denn der Zinseszinseffekt wirkt über Zeit. Es geht nicht um schnelle Renditen in kurzer Zeit.
Versuche daher sowohl Deine Gier als auch Deine Angst stets in Schach zu halten. Diese Emotionen sind die beiden stärksten an der Börse und kein guter Ratgeber, da sie oft zu Fehlentscheidungen führen. Es geht nicht um den nächsten Thrill am Aktienmarkt, sondern um nachhaltigen Vermögensaufbau. Am Ende ist es sogar von Vorteil, nicht nervös jeden Tag die Kurse zu verfolgen. Sei ruhig „faul“. Schau nur ab und zu rein und lass die Zeit für Dich arbeiten.
5. Finger weg von Traumrenditen!
Angebote, die zu gut sind, um wahr zu sein, sind entweder riskant, fake oder sogar kriminell. Grundsätzlich gilt, dass Rendite und Risiko zusammengehören, oder anders ausgedrückt: Umso höher die Rendite einer Anlage im Vergleich zum Leitzins ist, umso mehr Risiko besitzt diese. Damit ist nicht gemeint, dass es nicht bessere und schlechtere Produkte gibt. Es lohnt also immer ein Blick auf die Kosten und auf Rendite-Risiko-Kennzahlen, wie etwa die Sharpe Ratio. Diese setzt etwa die Rendite ins Verhältnis zum eingegangenen Risiko, ist aber nur für lange Zeiträume aussagekräftig.
Also lass Dich nicht aus der Ruhe bringen, wenn Du von anderen hörst, sie hätten angeblich wesentlich mehr Rendite gemacht und man müsse dafür nur dies und das tun.
6. Denk an Deine Träume!
Wer Vermögensaufbau auf das Thema Altersvorsorge reduziert, der verkennt das wahre Potenzial. Wenn Du Dein Geld für Dich arbeiten lässt, kannst Du Dich nicht nur fürs Alter finanziell absichern, sondern auch andere Ziele und Lebensträume erreichen. Etwa das Eigenkapital für den Kauf eines Eigenheims, eine Weltreise, das nächste Fahrrad oder Auto, das Studium der Kinder oder ein Wechsel in Teilzeit für mehr Freizeit.
Mit Blick auf Dein Leben können diese Investitionsziele viel früher kommen als der Ruhestand. Wichtig hierbei ist, dass je nach Anlagedauer andere Produkte genutzt werden sollten (vgl. Tipp 3). Umso schneller Du das Geld brauchst, desto weniger sollten die gewählten Anlageklassen schwanken.
7. Zeit ist wichtiger als Wissen!
Wer früh anfängt mit dem Vermögensaufbau, hat einen fast uneinholbaren Vorsprung. Warum? Weil der Zinseszinseffekt über Zeit immer stärker wirkt, denn Du machst Rendite auf vorher erzielte Rendite. Wenn Du also zur Geburt eines Kindes einen Sparplan anlegst, dann ist mit 18 Jahren schon ein kleines Vermögen vorhanden. Rechnerisch verdoppelt sich das Kapital beispielsweise bei 7,2 Prozent jährlicher Rendite innerhalb von zehn Jahren. Du musst also kein genialer Börsenguru sein, um für Dich, aber auch Deine Kinder und Enkelkinder Vermögen aufzubauen. Die Zeit ist auf Deiner Seite.
Jetzt heißt es: anfangen und machen! Es tut nicht weh und kann für Dein Leben einen großen Unterschied machen. Sollte Dir der Start nicht allein gelingen, dann kann auch eine Beratung, eine Vermögensverwaltung oder ein Robo-Advisor der richtige Weg sein. Also los, Augen zu und durch. Heute oder zumindest diese Woche. Nicht erst nächste Woche, nächsten Monat oder nie.